Schwester Ingrid Grave ist auch mit bald 80 Jahren eine wortstarke Nonne, die Themen der Bibel und der Kirche regelmässig in die Öffentlichkeit trägt. Kürzlich hielt sie die Festansprache zum Thema «Am Anfang war das Wort - 800 Jahre Dominikanerorden» an der Theologischen Hochschule in Chur.




 
 

Wortstarke Nonne

Schwester Ingrid Grave sorgt für Sternstunden

«Sie ist charmant, weltoffen und intellektuell», schrieb der «Blick» über sie. Schwester Ingrid Grave (1937) war von 1994 bis 2000 SF-DRS-«Sternstunden»-Moderatorin und dann noch zwei Jahre «Wort-zum-Sonntag»-Sprecherin. Sie wurde daher auch schon «Fernseh-Nonne» genannt. Sr. Ingrid ist zudem langjährige Kolumnistin beim «St. Galler Tagblatt» und den «Freiburger Nachrichten» sowie Autorin mehrerer Bücher. Als Moderatorin beim Fernsehen bekam sie zu hören: «Als Klosterfrau gehören sie ins Kloster und nicht auf den Bildschirm.» An der Moderation im Fernsehen reizte sie zu zeigen, dass es «uns Ordensfrauen mit unserem Glauben an Gott noch gibt.» Und: «Ich habe mich so oft aufgeregt, dass Religion und Kirche in den Medien so schräg dargestellt werden.»

 

Schwester Ingrid Grave sagte einmal, dass heute die Kirche mit ihrer Botschaft ähnlich wie die Gotthardzüge sehr oft an vielen Leuten vorbeirausche: «Die Kirche findet einfach die Sprache nicht mehr, um die Leute von heute zu erreichen», erklärte sie an einem Podium «Kirche im Wandel» in Flüelen. Auch heute sorgte Sr. Ingrid für Sternstunden: Für Anlässe war sie häufig ausgebucht. Pro Jahr hält sie weit über ein Dutzend Vorträge und nimmt an mehreren Diskussionspodien teil. Ihre langjährige Fernsehpräsenz hat ihr Leben verändert. Auch wenn sie nicht mehr moderiert kommen haufenweise Angebote. «Ich bin heute nicht schlauer als früher, aber seit ich beim Fernsehen war, haben die Leute das Gefühl, dass ich jetzt zu allem etwas sagen könne», sagt die Dominikanerin.

 

«Ingrid Grave kommuniziert auf eine vermittelnde, diskrete und beharrliche Weise. Mit der Grundüberzeugung, dass die Botschaft der Bibel ihren «Sitz im Leben», im Hier und Heute hat. Sie wirft ein Blitzlicht auf biblische Erzählungen und Gleichnisse und bringt die Texte erfrischend, neu, farbig und lebendig in Form, schrieb das «St. Galler Tagblatt». Und das «Bünder Tagblatt» doppelte nach: «Sr. Ingrid schlägt in einer unkomplizierten und geerdeten Sprache eine Brücke zu der Leserschaft, indem sie nicht nur von ihren ganz persönlichen Stolpersteinen in den biblischen Texten erzählt, sondern die Leserschaft auch an ihren Versuchen teilhaben lässt, auf diese Fragen eine Antwort zu finden. Dabei bewegen sich die Antworten nie im abstrakten Raum sondern gründen in einer Theologie, die sich den Menschen und ihren Alltagsproblemen zuwendet.»

 

Ingrid Grave trat 1960 in die Dominikanerinnen-Gemeinschaft in Ilanz GR ein. Als 23-Jährige aus Norddeutschland ins Bündnerland gekommen musste sie sich erst an die Berge und die Schweizer gewöhnen. Dann lebte sie in Zürich und kümmert sich um «kirchliche Obdachlose». Nun will sie altershalber wieder vermehrt im Kloster leben, in Zürich ein Zimmer behalten. «Meine Gemeinschaft war immer draussen engagiert. Schon Dominikus schickte die Brüder zu den Menschen auf die Strasse.» Rektor Christian Cebulj fragte in seiner «Selbstreflexion» an der Theologischen Hochschule in Chur, ob religiöse Sprache heute zu einer Fremdsprache geworden sei. Damit war der Bogen zum Festreferat von Sr. Ingrid Grave gegeben. Mit Empathie schilderte sie die starken und hervorragenden Frauenfiguren des Ordens, wie Katarina von Siena, die Mystik und Politik miteinander verband. Heute sei es mehr als aktuell, den Menschen das Evangelium zu verkünden. Allerdings müsse gelernt werden, im Konzept der Zeit zu predigen. Deshalb gelte es, sich von der «eingeschliffenen Kirchensprache» zu verabschieden. «Nur eine Predigt, die etwas mit meinem Leben zu tun hat, ist glaubwürdig und erreicht die Menschen.»

 

Herzlich, Markus Baumgartner
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