In diesem Monat jährt sich zum 20. Mal der Todestag des Begründers der Logotherapie und Existenzanalyse Viktor E. Frankl (1905-1997). Er hat der Menschheit ein reiches Erbe hinterlassen: Es gibt inzwischen weltweit etwa 70 Institute für Logotherapie und Existenzanalyse, seit 1995 auch in Chur.




 
 

Suche nach dem Sinn im Leben

Zum 20. Todestag von Viktor Frankl

Der Psychiater Viktor E. Frankl (1905–1997) leitete in den dreissiger Jahren im Psychiatrischen Krankenhaus Wien den «Selbstmörderinnenpavillon», in dem selbstmordgefährdete Frauen betreut wurden. Nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich wurde ihm als Juden die Behandlung «arischer» Patienten untersagt. 1942 wurde er ins Ghetto Theresienstadt deportiert und 1944 nach Auschwitz, wo seine Mutter und sein Bruder umkamen. Seine Frau starb im KZ Bergen-Belsen. Seine Erfahrungen schrieb er im Buch «... trotzdem Ja zum Leben sagen» nieder. Er plädierte für eine Versöhnung zur Bewältigung der Kriegsgräuel und des Holocausts.

 

Viktor E. Frankl begründete die Logotherapie und die Existenzanalyse. «In seiner Perspektive ist der Mensch seinem Wesen nach verantwortlich, wertorientiert, auf Sinnfindung ausgerichtet und frei, sein Leben, auch sein Schicksal, zu gestalten», schreibt Reto Parpan, Leiter des Schweizerischen Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse in Chur, im «Bünder Tagblatt». Allem Handeln des Menschen liegt sein Grundbedürfnis zugrunde, ein sinnerfülltes Leben zu führen». Wird dieses Sinnbedürfnis frustriert, empfindet der Mensch sein Leben als sinnentleert. Er gerät in ein «existenzielles Vakuum».

 

Die Logotherapie sucht Menschen aus solchen Sinnkrisen herauszuführen und bei der Suche und Entdeckung neuer Sinnhaftigkeit zu begleiten. Frankl stellt die Sinnfrage allerdings nicht abstrakt und allgemein als Frage nach «dem» Sinn des Lebens, sondern ganz konkret als Frage nach Sinnmöglichkeiten in der jeweils aktuellen Lebenssituation. Er geht davon aus, dass das Leben an uns Fragen stellt, auf die wir handelnd zu antworten haben. In jeder Lebenssituation stecken zu entdeckende Möglichkeiten, Sinn zu verwirklichen. Selbst im Leiden, selbst in Betroffenheit von einem schweren Schicksal.

 

Frankl hat seine Logotherapie und Existenzanalyse nicht nur am Schreibtisch erdacht. Sie wurde in selbst erfahrenem Leid erprobt. Grausamkeit und Entwürdigung während seines dreijährigen KZ-Aufenthalts brachten ihn selber öfters an den Rand der Verzweiflung und in die Nähe des Suizids. Sein unerschütterlicher Glaube an die unbedingte Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz hat seinen Lebenswillen aufrechterhalten. Unter widrigsten Umständen hat er vorgelebt, was es heisst, auch in einer Situation, in der einem äusserlich jede Freiheit geraubt wird, «trotzdem Ja zum Leben» zu sagen.

 

Ein Ausdruck seiner Trotzmacht des Geistes ist auch, dass er zur Überwindung seiner Höhenangst mit über 40 Jahren noch das Klettern erlernt und mit über 60 das Pilotenbrevet erworben hat. Frankl durchlebte fast das ganze 20. Jahrhundert. Dieses war geprägt von Kriegen und Wirtschaftskrisen, aber auch von Wirtschaftswundern, Wohlstand, umwälzenden technischen Entwicklungen. Im 21. Jahrhundert findet all das seine Fortsetzung. Existenzielle Fragen werden immer drängender: Wie lange kann das noch so weitergehen? Wo führt das alles hin? Und letztlich: Was hat das Ganze überhaupt für einen Sinn?

 
Herzlich, Markus Baumgartner
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