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Wie betet ein Fussballer? Welche Gedanken gehen einem Sterbenden durch den Kopf? Das neue Buch «Wenn ich rufe» enthält persönliche Gebete von prominenten und anderen Personen aus dem ganzen Kanton St. Gallen.
Intime Gespräche mit GottNeues Buch publiziert 100 Gebete«Gott, ich hab auch schon manchen Elfmeter verschossen. Ich habe auch schon manchen Pokal verspielt: in der Beziehung zu meinen Nächsten, zur Schöpfung, zu dir.» Mit diesen Zeilen beginnt das Gebet eines Fussballers, der darin die aufmunternden Worte seines Trainers nach einem verpatzten Elfmeter festhält. Es sind Zeilen aus dem neu erschienenen Gebetbuch «Wenn ich rufe». Dieses hat die Evangelisch-reformierte Kirche des Kantons St. Gallen zum 500-Jahr-Reformationsjubiläum herausgebracht, schreibt die Zeitung «Ostschweiz am Sonntag».
«Am meisten überrascht hat mich, wie unglaublich intim die eingesandten Texte und Gebete waren», erklärte Carl Boetschi, Beauftragter für Pastorales und Gottesdienste, in der Zeitung. Das Buch hat er zusammen mit Pfarrer und Kirchenrat Heinz M. Fäh herausgegeben. Die Gebete geben Einblick in die geheimsten Gedanken, Wünsche und Ängste. Da schildert ein Ausgebrannter, wie er nichts mehr fühlt und spürt ausser einem Durcheinander in seinem Kopf. Da erzählt ein Krebspatient, wie ihn die Krankheit zermürbt. Es sind auch zwei Gebete der St. Galler Ständeräte Karin Keller-Sutter und Paul Rechsteiner enthalten. Auffallend ist das Kirchenlied «Gib, Herre Gott» von Johannes Kessler. Es ist das älteste Gebet aus St. Gallen.
Zwei Jahre lang haben Boetschi und Fäh gemeinsam mit einem Redaktionsteam die Einsendungen gesichtet, redigiert, lektoriert und mit der St. Galler Künstlerin Monica Ott Bildausschnitte für die Illustrationen ausgewählt. Rund 100 Gebete enthält das Buch. Sie sind unterteilt in Kapitel wie Orte, Zeiten und Situationen. Für die erste Auflage wurden 5000 Bücher gedruckt, bereits vor der Vernissage waren über 3000 Stück verkauft. Von der Resonanz sind die Herausgeber überwältigt. «Alle sind begeistert, wie persönlich das Buch geworden ist», sagt Boetschi. «Das ist bemerkenswert, denn über das Beten wird so wenig gesprochen wie über Bankkonten.»
Interessant ist, dass bei Umfragen 80 Prozent der Personen angeben, zwar zu beten, allerdings nur selten in die Kirche gehen. Diese verborgene Religiosität wollten Boetschi und Fäh mit dem Gebetbuch aufzeigen. Der persönliche Glaube sollte sichtbar gemacht und ein Zeitdokument aus St. Gallen geschaffen werden. Zur Nutzung des Buches erklärt Carl Boetschi: «Ich finde, es passt perfekt auf den Nachttisch, weil es inspiriert und dazu anregt, über das Beten an und für sich nachzudenken.» «Wenn ich rufe» ist also auch ein Buch fürs gute Einschlafen, zum Abschalten, Beruhigen und Überdenken, woran man selbst glaubt. Passend heisst es dazu im Vorwort: «Tiefsinnig, ehrlich und humorvoll verwickeln sie die Leserinnen und Leser in einen Dialog mit Gott.» (Heinz M. Fäh, Carl Boetschi Hrsg.: Wenn ich rufe, Theologischer Verlag Zürich, Fr. 19.80)
Herzlich, Markus Baumgartner
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