Austritte und Schliessungen: Die traditionellen Kirchen haben vielerorts einen schweren Stand. Die Zürcher Kunsthalle dagegen verwandelt sich für fünf Monate ausgerechnet in eine Kirche. Hat das Zukunft?






Bild Kunsthalle Zürich/Annik Wetter
 
 

Gottesdienst im Museum

Die Kunsthalle ruft zum Gebet

«Wenn Kirche gesellschaftlich relevant bleiben will, muss sie rausgehen. Dorthin, wo die Menschen sind», sagt Theologe Matthias Krieg im SRF-Nachrichtenmagazin «10vor10». Auch in die Museen. Die Kunstszene entdeckt das Thema Glaube neu. Matthias Krieg: «Es ist ein himmlisches Experiment.»
 
In der Kunsthalle Zürich gibt es eine Ausstellung mit der Installation «The Church». Es gibt religiösen Gesang und sogar das Abendmahl geboten. Und schon beim Eingang stehen ein paar Opferstöcke. Sie sind ein wenig speziell, aus rezyklierten Traktorreifen gefertigt, berichtet Radio SRF 2 Kultur. Ausserdem kann man da etwas herausnehmen, nicht nur etwas einwerfen. Dann treffen die Besucher auf «The Congregation» (Die Kongregation). Das ist eine Gruppe von gefundenen Stühlen, die einheitlich mit Silberpapier überzogen sind und auf die Sie sich gerne setzen dürfen.
 
Entlang der Fenster hängt ein 35 Meter langer Vorhang, welcher Hunderte religiöse und spirituelle Bilder vereinigt, wie sie zu Millionen im Internet kursieren. Daraus ergibt sich ein schier endloses Mosaik der Religiosität und wie diese von Populärkultur, Massenmedien und Politik instrumentalisiert werden. Der US-Künstler Rob Pruitt erklärt: «Als ich diesen Vorhang plante, machte ich eine einfache Suche nach Spiritualität. Und schon wurde ich mit Bildern überflutet.» Diese nicht selektierte, unzensierte Flut ist für Pruitt ein Zeichen: «Die Botschaft ist, niemanden auszugrenzen.» Die Ausstellung «The Church» steht daher allen Konfessionen offen.
 
Eine Entmystifizierung schwebt auch dem Kurator Daniel Baumann vor, wenn sich die Kunsthalle Zürich im Rahmen der Feierlichkeiten zu 500 Jahren Reformation in eine Kirche verwandelt. Museen und Kunsthallen, so Baumann, seien schliesslich nichts anderes als Tempel für säkular orientierte Menschen, in denen still und konzentriert Kunst angebetet wird. Diese Kulturpraxis der Kunstrezeption will er auf den Kopf stellen und gleichzeitig ernst nehmen – und wirklich zur Kirche werden, Predigt inklusive.. Künstler Rob Pruitt findet das gut. Dass seine Kunst da zum blossen Hintergrund verkommt, stört ihn nicht.
 
Herzlich, Markus Baumgartner
 
 
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