Kirchenhistoriker Peter Opitz ärgert sich über den Unsinn, der oft über den Reformator erzählt werde. Zwingli sei kein spröder Typ gewesen – im Gegenteil.




 
 

Zwingli ist ganz anders

Vorbereitungen auf 500 Jahre Reformation

Am 1. Januar hatte der Reformator Huldrych Zwingli (1484–1531) Geburtstag. Während in Deutschland die Feierlichkeiten zu 500 Jahren Reformation in vollem Gang sind, bekommt man in der Schweiz vom Jubiläum noch nicht viel mit, schreibt der «Tages Anzeiger». Ab dem kommenden Jahr soll sich das aber ändern. Stadt und Kanton Zürich, Zürich Tourismus und die reformierte Kirche haben sich zusammengeschlossen, um die bevorstehenden Jubiläumsjahre «öffentlichkeitswirksam und nachhaltig» zu gestalten. Dabei wird auch die Figur des Reformators Huldrych Zwingli wieder zum Thema.

Den Anfang macht Peter Opitz, Kirchenhistoriker an der Universität Zürich: Er hat eine neue
verständliche und reich illustrierte Biografie über den Reformator verfasst: Ulrich Zwingli – Prophet, Ketzer, Pionier des Protestantismus (120 Seiten, CHF 22.80, TVZ Verlag, ISBN 978-3-290-17828-4). Opitz räumt mit Vorurteilen auf, wie ein Interview im «Tages Anzeiger» zeigt: Die Zürcher Reformation war eine Reformation der Stadt. Der vom Volk gewählte Stadtrat hat die Reformation beschlossen. Zwingli war nie ein religiöser Diktator, so Opitz weiter. Der Rat wollte zwar seinen Rat hören, meistens aber wurden seine Vorschläge noch geändert. Zwingli war in erster Linie Pfarrer und von der Sorge bewegt, dass die sich christlich nennende Eidgenossenschaft alles andere als christlich war – «ein dauerndes Problem des christlichen Abendlandes», erklärt Opitz.

Es ging Zwingli um das Gottesverhältnis des ganzen christlichen Volkes. Dieses sollte von Heuchelei und Aberglauben gereinigt werden und in Mitmenschlichkeit und soziale Gerechtigkeit münden. Das bedeutete zum Beispiel, dass man nicht Söldner exportiert und mit Krieg im Ausland Gewinne macht – das Thema Kriegsgüterexport ist bekanntlich immer noch aktuell. Und wenn Zwingli die kultischen Götzenbilder aus den Kirchen entfernt haben wollte, dann wies er darauf hin, dass nach der Bibel jeder Mensch ein lebendiges Bild Gottes ist, und forderte Solidarität mit den Armen und sozial Schwächeren.


Als Historiker ärgert sich Opitz als Professor für Kirchen- und Dogmengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich oft über den Unsinn, der über den zwinglianischen Lebensstil erzählt wird: «Zwingli hat keine Täufer ertränkt. Er hatte kein politisches Mandat, sie zu verurteilen, ja er hat sie sogar lange verteidigt. Es war der Rat, die politische Behörde, die in den Täuferpredigern eine Gefahr sah und einige hinrichtete.» Zwingli wollte die Katholiken auch nie mit Gewalt zum reformierten Glauben führen – die Kappeler Kriege fanden auf Zürcher Boden statt und nicht auf Innerschweizer Territorium. Auch die zwinglianische Lustfeindlichkeit gibt es nicht: Im 16. Jahrhundert fühlte sich die Obrigkeit viel stärker für die Sitten zuständig als heute. Alkoholismus, Geldspiel, Prunksucht und Schlemmerei, aber auch öffentliches Tanzen galt es zu bekämpfen. Das alles habe wenig mit Zwingli zu tun. Man habe Zwingli sogar vorgeworfen, zu sehr ein Liebhaber von Musik und Spiel zu sein. Selbst Luther hat seinen Humor gefürchtet.

Herzlich, Markus Baumgartner
 
 
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