Hetty Overeem übt ihr Amt auf unkonventionelle Art aus: Als Wanderpfarrerin begegnet sie den Menschen dort, wo diese gerade sind. Wenn die Menschen nicht mehr in die Kirche gehen, dann kommt die Pfarrerin halt zu ihnen.




 
 

Wanderpfarrerin mit Esel und Tipi

Unkonventionelle Pfarrerin geht zu den Menschen

 
«Geht in alle Welt»: Das nimmt die Wanderpfarrerin Hetty Overeem seit 2009 an den Wochenenden persönlich. «Evangile en chemin» (Evangelium unterwegs) nennt sie das. Denn die gebürtige Holländerin zieht mit Tipi, einem Hund und einem Esel mit 2 km/h durchs Waadtland und bringt die Liebe Gottes überall hin. Dabei begegnet sie den unterschiedlichsten Menschen und spricht mit ihnen über den Glauben. Unterwegs gleicht kein Tag dem andern. Die Pfarrerin lässt Raum für Begegnungen. Mit Leuten, die suchen. Sich suchen. Gott suchen.

Manchmal hält sie ihre täglichen Andachten alleine, andere Male wird sie von Besuchern fast überrannt. Davon lässt sich Hetty Overreem aber nicht aus der Ruhe bringen. Sie spricht, betet und isst mit den Menschen, «wie‘s halt gerade kommt». Dabei verliere sie aber nie den Blick auf Gott, auch wenn sie selber manchmal zweifle. Hetty Overeem zieht aber nicht nur durch idyllische Dörfer. Manche Wochenenden verbringt sie auch in einem
Eisenbahnwagen oder in einer Holzhütte in der Lausanner Metro-Station. «Es sind so viele Menschen in mein Zelt gekommen oder haben im Winterquartier angeklopft – auch mitten in der Nacht. Junge Mütter mit Kindern, Feuerwehrleute, Arbeiter, Direktoren. Neben Gläubigen auch Atheisten, die nicht über Religion reden wollten und dann doch Glaubensfragen stellten. Ich spürte es oft: Da ist nicht nur Hetty, da wirkt Gott und führt mich.»
 

Die Pfarrerin kocht Kaffee auf einem Gaskocher, das Gespräch mit den Gästen plätschert vor sich hin. Später lädt sie diese ins Zelt ein für eine Andacht. Sie singen vom E-Piano begleitet und beten. Dann erklären Besucher, weshalb sie herkommen, und Overeem begründet, warum sie das hier macht: Weil sie immer wieder Menschen getroffen habe, die über Gott reden, aber dazu nicht in die Kirche wollten. Ihre wichtigste Tätigkeit sei Zuhören und die richtigen Fragen zu stellen. Die protestantische Pfarrerin stellt aber auch klar: «Es brauchen nicht alle mit Tipi und Esel herumzureisen.» Aber sie wünsche sich, dass die Kirche auch hinausgehe, nicht nur hinaus aus den Mauern, sondern auch aus ihren Ängsten und Strukturen, aus ihrer Kontrolle und ihrem Geld – und das Risiko nicht scheue.


Hetty Overeem arbeitet als Gefängnispfarrerin. Aber an den Wochenenden wird die Seelsorgerin zur Wanderpfarrerin.
Diese Nachricht erreicht auch die Öffentlichkeit: Reporter aus Radio, Fernsehen und Zeitungen berichten über ihr Projekt und möchten mehr über die Frau mit Esel und Hund erfahren, die mit den Menschen über Gott spricht. «Ich bin oft froh über Besuche von Journalisten, auch wenn sie mich herausfordern: Es ist nicht so einfach, den Geist des Projekts zu vermitteln und nicht in Anekdoten stecken zu bleiben», schreibt sie in ihrem Buch «Die Wanderpfarrerin» (SBN 978-3-7615-6098-3, Verlag Neukirchener Aussaat). Durch ihre Medienauftritte erlangt ihr Projekt die Aufmerksamkeit der Menschen und mancher Neugierige kommt. Wer nicht durch die Medien von der Wanderpfarrerin gehört hat, den locken die Tiere an.

 

Herzlich, Markus Baumgartner

 
 
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