Jeremias Treu ist als evangelischer Pfarrer gern in Kontakt mit den Menschen. Er hat eine weitere Möglichkeit entdeckt, wie er seine Gemeinde besser kennenlernen kann – joggend.
Der joggende PfarrerKirchgemeinde anders entdeckenDie Geschichte des joggenden Pfarrers begann vor einigen Jahren. «Ich hatte endlich das Laster Rauchen aufgegeben und entschloss mich, mit Laufen anzufangen», erklärte er dem «St. Galler Tagblatt». An der neuen Stelle in Kirchberg SG startete er mit einem pensionierten Lehrer wieder mit dem Laufen und ist wöchentlich drei- bis viermal zwischen 45 und 90 Minuten unterwegs – meistens am Morgen. «Ich könnte mir keinen besseren Begleiter wünschen, denn als langjähriger Lehrer kennt mein Begleiter alle und alles. Wir passen unser Tempo jeweils so an, dass wir gut miteinander sprechen können. Das passt hervorragend, denn so lerne ich quasi laufend die Gemeinde kennen.»
Häufig sind sie auf einer der 20 Strecken unterwegs, die auf der eigens erstellten Karte angefertigt worden ist. «Und im weiteren hat die Bewegung im Freien noch einen zweiten positiven Effekt. Mir fallen dann immer die besten Ideen für meine Predigten ein», bemerkt Jeremias Treu weiter. Gemeinsam haben die beiden auch schon den Halbmarathon in Frauenfeld absolviert. So hatte er den Draht zur Bevölkerung schnell gefunden und fühlt sich in der Gemeinde äusserst wohl. Jeremias Treu hält kreative Predigten, z.B. über das Salz als «Geschmack des Lebens» und verteilt passend dazu jedem Gast einen kleinen Salzstreuer als Geschenk. Die Kirche ist öfters voll besetzt und in den lokalen Medien mit verschiedenen Aktionen vertreten. Dazu gehören ein reisender Koffer mit Maria und Josef, der im Advent täglich neu eine Herberge sucht, eine Spendenaktion für Syrien, die erste Abendmahlfeier für Schülerinnen und Schüler oder die Kolumnen des Pfarrers in der Zeitung.
Jeremias Treu ist in der ehemaligen DDR aufgewachsen, in einem Pfarrhaus, wo die Kirche seine «widerständige Heimat» wurde. Er absolvierte zuerst eine technische Lehre, bevor er in Erfurt Theologie studierte. Danach war er mehrere Jahre Jugend- und Gemeindepfarrer. Nach der Wende machte er eine Spezialausbildung und war als Gefängnisseelsorger tätig. Bevor er im Sommer 2013 die Stelle in Kirchberg SG antrat, war er während sechs Jahren bei der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Barcelona tätig.
Der mit einer Zahnärztin verheiratete Seelsorger hat zwei erwachsene Töchter. Zusammen mit seiner Frau Sigrid musste er sich am Anfang nach dem Leben in der Grossstadt an die Beschaulichkeit und die Stille auf dem Land gewöhnen. «Leben und Seele sind hier gesünder. Hinzu kommt die ungleich tiefere Bevölkerungsdichte und der herrliche Blick auf die Berge», erklärte er dem «St. Galler Tagblatt». Wer in Kirchberg vor der evangelischen Kirche steht und seinen Blick Richtung Säntis schweifen lässt, kann diesem Urteil nur zustimmen.
Herzlich, Markus Baumgartner |