Jeder Witz besitzt einen wahren Kern zu persönlichen und gesellschaftlichen Schwächen oder Tapsigkeit. Wer über sich selber lachen kann, reflektiert damit auch über die eigenen Wesenszüge.




 
 

Humor und Religion

Der Witz als selbstironische Reflexion


Wissen Sie, was ein jüdisches Dilemma ist? Schweinefleisch zum halben Preis. Oder kennen Sie den: Bei einem Dorffest verköstigt sich der katholische Priester an einem herrlichen Spanferkel und fragt den jüdischen Rabbi: «Wann kommt der Tag, an dem auch Sie so etwas Feines geniessen können?» Der Rabbi nicht weiter verlegen antwortet: «Das wird an Ihrer Hochzeit sein!» Der jüdische Humor ist berühmt. «Jüdische Witze sind geradezu eine literarische Kleinstform: verblüffend, zündend, intellektuell grossartig», sagt Ringier-Journalist Frank A. Meyer. Als der Religionswissenschaftler Christoph Peter Baumann mit einem ultra-orthodoxen Juden über die Zulässigkeit von Humor im Judentum sprach, entgegnete dieser, dass es die jüdische Gemeinschaft ohne Humor gar nicht mehr geben würde.


«Humor kann verschiedene Rollen spielen», erklärt Baumann in einem Interview auf srf.ch. «Intern kann es sich um Ironie handeln, indem sich eine Gemeinde oder die Verantwortlichen einer Gemeinde selbst einen Spiegel vorhalten.» Humor könne auch ein Katalysator für gewisse Missstände innerhalb der Gemeinde sein oder ausdrücken, wie eine Gemeinde oder Gemeinschaft von Aussen wahrgenommen wird. Baumann kennt eine ganze Reihe von Gemeinschaften, die mithilfe von Humor religiöse Inhalte vermitteln, z.B. durch veranschaulichende Cartoons in religiösen Zeitschriften: «Nicht zu unterschätzen ist auch, wie sich religiöse Gemeinschaften mithilfe von Humor über grosse Schwierigkeiten hinweg zu helfen verstehen.»

Der Religionswissenschaftler
Christoph Peter Baumann ist Gründer und Leiter der Informationsplattform «Inforel – Information Religion». Er schrieb vor einigen Jahren das Buch «Humor und Religion. Worüber man lacht – oder besser nicht» (Kreuz Verlag). Seine Forschungsschwerpunkte liegen in Fragen zu Gegenwartsreligiosität und Volksglauben. In den letzten 30 Jahren erlebte er unzählige Besuche und Begegnungen mit Angehörigen von verschiedensten Religionsgemeinschaften. Dabei hat er festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Religionen kleiner sind, als diejenigen zwischen den einzelnen Angehörigen. Es gebe wohl in jeder Gemeinschaft sowohl humorlose als auch kritisch-humorvolle Gläubige: «Wenn prinzipiell nicht gelacht werden darf, schrillen bei mir die Alarmglocken. Dann muss etwas Grundsätzliches nicht stimmen – für die Mitglieder wirkt sich das definitiv negativ aus.»

Herzlich, Markus Baumgartner

 
 
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