Trotz jungen 25 Jahren, mitten in der Blüte seiner beträchtlichen körperlichen Kräfte, verabschiedete sich Ruggero Trevisan von seinen Kameraden in der Umkleidekabine, stellte sich vor sie hin und sagte: «Ich werde Priester.» Mehr sagte er nicht. Und ging.




 
 

Der Prügler des Herrn

Rugbystar Ruggero Trevisan wird Priester

Natürlich drängen sich nun Gleichnisse aus der Bibel auf, schreibt der «Tages Anzeiger»: Vielleicht die Geschichte von Saulus, der zum Paulus reift. Ruggero Trevisan, Fullback des Rugbyvereins im norditalienischen Treviso, hat sich entschlossen, seine gut bezahlte Profikarriere aufzugeben und ins Kloster zu gehen. Vom Acker der Prügler direkt in eine Bildungsstätte für Prediger des Herrn, in die Bruderschaft San Carlo Borromeo in Rom.

Es war ein Offenbarungseid, eine Art Coming-out in einer Welt der Machos und Hartbesaiteten. Die Lokalzeitungen aus dem Veneto berichten, die Kameraden hätten die Ankündigung wortlos kassiert, respektvoll gar, obschon sie irgendwie schräg in der Kabine hing. Dann übte man sich bei Benetton Treviso wieder im Austeilen und Einstecken, im Umklammern, Schieben, Drücken, Drängen. Im Kicken, Rennen, Tackeln. Im kollektiven Ganzkörpergrätschen. Die «Repubblica» schreibt, Bruder Trevisan werde dann wohl zunächst einmal Mühe haben, auch die andere Wange hinzuhalten, wenn ihm die eine gewatscht worden sei. Noch so eine Entlehnung aus der Bibel.


Zum Glauben fand Ruggero Trevisan vor vier Jahren, als er durch Zufall mit Anhängern der katholischen Laienbewegung Comunione e Liberazione in Kontakt kam. Deren Gemeinschaftsgefühl und deren Arbeit mit den Schwächeren der Gesellschaft hätten ihn tief beeindruckt, sagt Trevisan. Davor habe er nur Rugby im Kopf gehabt, ein junges Leben lang. Und Autos, Kohle, Frauen, die ganze Palette der Klischees. Trevisan war ein aussergewöhnliches Talent. Er wurde früh in die Verbandsakademie aufgenommen, durchlief die Nationalmannschaften aller Altersklassen. Als letzter Verteidiger war er nicht nur hart im Nehmen: Er konnte das Spiel aufbauen und gestalten. Mit Eleganz. Und schaffte es so bis in die absolute Elite.


Im letzten Jahr seiner Laufbahn verbrachte er schon mehr Zeit mit Jugendlichen in Schwierigkeiten und mit Waisenkindern als auf dem Trainingsplatz. Seine Freundin hat er verlassen. «Ohne Trauma», sagt er. In einigen Tagen beginnt der neue Weg: drei Jahre Philosophie, drei Jahre Theologie. Missionar will er werden, die Welt bereisen. Den Rugbyball nehme er mit, der Sport helfe auch bei der Arbeit auf dem Acker des Herrn.


Herzlich, Markus Baumgartner

 
 
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