Die reformierte Kirche Effretikon mit ihrem Turm sorgte in der Entstehungszeit für Irritationen. Nun erhält sie von der kantonalen Denkmalpflege eine ungeahnte Würdigung. Ehre für «Seelenabschussrampe»Wieso einem Kirchturm der Abbruch drohteWenn der Illnau-Effretiker Stadtpräsident Ueli Müller in der Ratssitzung aus dem Fenster blickt, sieht er ihn: den für sein Baujahr 1961 futuristisch gestalteten Kirchturm, schreibt «Der Landbote». Damals galt er als Stein des Anstosses, heute ist der weit herum sichtbare Betonbau auf dem Rebbuckhügel zum Wahrzeichen geworden. Von der Hassliebe zwischen Bevölkerung und gewagter Architektur zeugen viele Übernamen: «Seelenabschussrampe» wird der Turm genannt. Oder auch «Giraffentränke» und «Storchennest». Heute ist er ein international beachteter Kirchenbau der Moderne, wie es der Regierungsrat in seiner Mitteilung formuliert.Die kantonale Denkmalpflege hat den Turm sogar in einer Publikation gefeiert, die sich umfassend der von Architekt Ernst Gisel erbauten reformierten Kirche Effretikon widmet. Zur Feier sind illustre Gäste wie der inzwischen 91-jährige Gisel mit seiner Partnerin Margrit Läubli sowie Baudirektor Markus Kägi erschienen. Dieser würdigte Gisels Werk als mutig und fügte an: «Zugegeben, es gäbe respektvollere Bezeichnungen als ‹Seelenabschussrampe›, aber immerhin wird nicht bezweifelt, dass von dieser Architektur tatsächlich Menschenseelen zum Abheben motiviert werden.» Als 1961 das Gerüst um den Turm entfernt wurde, traf seine unkonventionelle Form die Gemeinde wie einen Schlag. Es ging dabei nicht um die skulpturale Gestalt, sondern vielmehr um den Turmabschluss, der so sehr anderen Kirchtürmen widersprach: Statt einer Spitze schien sich hier eine gigantische Hand aus Beton gegen den Himmel zu öffnen. Der Turmbaustreit ging so weit, dass die Kirchenpflege Abbruchofferten einholen wollte, der Architekt aber auf sein Urheberrecht pochte. Erst ein drohender Rechtsstreit brachte die Kirchgemeinde schliesslich zum Einlenken. Gisel bedankte sich gestern bei den Effretikern augenzwinkernd, «dass ich mit ihnen streiten durfte». Aus diesem Konflikt sei am Schluss ein «praktisches Gotteshaus für alle» entstanden. Etwas überschwänglicher als der Architekt formulierte es Michael Hanak, Autor der Publikation: Im Kircheninnenraum herrsche eine ganz besondere Atmosphäre. «Die Naturmaterialien, die ohne Firlefanz auskommen, rufen eine schlichte, wohnliche Stimmung hervor.» Doch auch hier darf eine kleine Irritation nicht fehlen. Dafür sorgt der unregelmässige Grundriss. Herzlich, Markus Baumgartner |
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