Die Kirche ist leer und zeigt ihren spiegelnden Holzfussboden. Für einmal müssen Gottesdienstbesucher ihre Stühle selbst mitbringen.




 
 

Campingstuhl statt Kirchenbank

Inhalt bleibt gleich, Form passt sich an

Ein Gast probiert einen afrikanischen Klapphocker aus. Daneben stehen ein roter Clubsessel und ein Esstischstuhl mit blauem Sitz. Der Pfarrer von Kreuzkirche in Münster macht eine raumgreifende Bewegung: „Gestern kamen die ersten älteren Leute in die Kirche und sagten - boah, was ist das schön“, schreiben die „Westfälischen Nachrichten“. Sara Dietrich, Studentin der Kunstakademie in Münster hatte die Idee und nannte sie „Change Places“. Drei Wochen lang bleibt der Kirchenraum bankfrei und machte Platz für erstaunliche 250 neue Sitzgelegenheiten, berichten die „Ruhr Nachrichten“.
 
Was für eine Stimmung in einer Kirche. Statt Holzbänken oder Stuhlreihen gibt es Sitzkissen, Sofas, Campingstühle und sogar den Stuhl des Bürgermeisters. Auch in der Heilig Geist-Kirche von Emmerich machten viele bei der Aktion „Change places“ mit. Kaplan Christian Olding war selbst überrascht von der tollen Resonanz: „Unsere christlichen Inhalte bleiben, aber wir geben ihnen eine neue Form, um sie den Christen neu zugänglich zu machen.“ Noch bevor die Messe überhaupt begann, war das Ziel erreicht, denn der Kirchenraum war prall gefüllt mit jungen und älteren Gästen. Kein Gottesdienst also im herkömmlichen Sinne, schreibt das Bürger-Community-Portal „lokalkompass.de“.
 
„Kirche kann sich verändern“, so Kaplan Olding. „Das sieht man heute. Aber wie bereit sind wir, etwas zu verändern?“ Immer wieder wurden Videosequenzen aus Filmen eingespielt, unterbrachen Musikstücke die Predigt. „Das Leben als Christ spielt sich nicht hier ab, das eigentliche Christ sein findet da draussen statt“, gab Olding zu bedenken. Christ sein bedeute, allen Christen zu helfen, egal ob sie Freunde oder Fremde seien. „Das ist Gemeinde, das ist Kirche. Überall dort, wo das nicht passiert, können wir einpacken“, ermahnte er die Besucher.
 
Mittlerweile war es draussen dunkel geworden und über die Leinwand flimmerte eine Sequenz von der Geburt Jesu. „Gott hat seinen Platz gewechselt, er ist Mensch geworden. Er hat das mit Change Places richtig ernst genommen.“ Es war still in der Heilig Geist-Kirche und irgendwie hatte man das Gefühl, als würden sich alle in diesem Moment in den Mauern der Kirche geborgen fühlen. Für die Aktion wurden Hunderte von Stühlen gebracht. Was noch viel besser ist: Sie wurden gebraucht - von Menschen während der Gottesdienste und auch ausserhalb.
 
Herzlich, Markus Baumgartner
 
 
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