Gottesdienst ein Publikumsmagnet

Jeder 11. Schweizer am Wochenende in der Kirche

Mit den 690‘000 Gottesdienstbesuchern oder knapp 36 Millionen pro Jahr übertrumpfen die Schweizer Kirchen die beliebtesten Sportanlässe um Weiten: Die Spiele der Axpo Super wurden in der letzten Saison von gut zwei Millionen Zuschauern (11‘365 Zuschauer pro Spiel) und in der Challenge League von gut 400’000 Gästen besucht. Knapp 2,3 Millionen Zuschauer (oder 6400 pro Spiel) strömten in der letzten Saison in die Stadien der zwölf NLA- Eishockey-Teams. Das macht gut 44’000 Zuschauer pro Wochenende – fast 16 Mal weniger als in den Gottesdiensten. Die 690'000 Gäste in Kirchen verteilen sich auf 5734 Gemeinschaften. Davon gehen 260'000 (38%) in katholische Kirchen, 200'000 (29%) in evangelische Freikirchen, 100'000 (14%) in reformierte Gotteshäuser und 75'000 (11%) in muslimische Gemeinschaften.
Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Nationalen Forschungsprogramms «Religionsgemeinschaften, Staat und Gesellschaft» der Universität Lausanne. Während die Mitgliederzahl einer durchschnittlichen Gemeinde der beiden offiziellen Landeskirchen bei etwa 1750 (römisch-katholisch) respektive 2200 (evangelisch-reformiert) liegt, gehören einer mittleren Freikirche gerade einmal 72 Menschen an. Doch diese gehen regelmässig zur Kirche.
Die Studie der Universität Lausanne zeigt, dass einige Kirchen kundenorientierter sind als andere. Freikirchen ermutigen ihre Mitglieder, neue Personen einzuladen – viele schalten auch Zeitungsinserate. Laut dem Theologieprofessor Ralph Kunz ist diese aktive Suche ein grosser Erfolgsfaktor. «Die Freikirchen müssen sich stärker auf dem Markt behaupten; ihre Mitglieder verstehen sich als ‚beteiligte Unternehmer’. Sie haben den Ansporn zu wachsen und sie missionieren aus Überzeugung. Beides fehlt den Landeskirchen tendenziell.» Daniel Linder, Sprecher der jungen Freikirche ICF: «Wir sind sicher kundenorientierter als die Landeskirchen, und klar benötigen wir das Geld von den Mitgliedern. Aber es braucht auch das persönliche Engagement, dass wir überhaupt funktionieren.» Nicolas Mori, Sprecher der reformierten Kirche Zürich, hat den Ernst der Lage durchaus erkannt – und sieht Verbesserungspotenzial. «Die zahlreichen Kirchenaustritte beunruhigen uns. Auch wir setzen deshalb auf neue Formen, um die Kirche für unsere Mitglieder wieder attraktiver zu machen.» So laufe beispielweise gerade eine Glückslos-Kampagne.
Dass sich trotz unserer individualisierten Zeit und der grossen Konkurrenz immer noch so viele Menschen zu einem Gottesdienst aufmachen, ist sicher ein Grund zu Freude.
Herzlich, Markus Baumgartner
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