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Der Abt, der zwitschertBotschaften via Twitter verbreitenSocial Media sind interaktive Plattformen der Kommunikation auf dem Internet. Neben Facebook erfreut sich Twitter zunehmender Beliebtheit. Übersetzt aus dem Englischen «zwitschern» gibt es in der Schweiz ungefähr 200’000 Nutzer, die sich in 140 Zeichen Botschaften zusenden. Jeder auf der Welt kann diese Zeilen sofort lesen.
Der Walliser Martin Werlen (49) ist der 58. Abt des Benediktinerklosters in Einsiedeln. Er ist Mitglied der Schweizer Bischofskonferenz und hat dort seit 2010 das Amt des Medienverantwortlichen inne. Abt Martin hat keine Scheu vor modernen Medien. So ist er im Dezember 2009 unter die «Twitterer» gegangen, als in das Schweizer TV-Magazin 10vor10 dazu als Internet-Laie einlud. Heute teilt er in seinem Twitter-Channel Neuigkeiten aus dem Alltag mit. Seine Begründung: «Der Urauftrag der Kirche ist es, die Menschen da abzuholen, wo sie sind. Und heute sind die Leute im Netz.» Dank den neuen Medien könne er mit seiner Botschaft Leute erreichen – speziell die Generation zwischen 20 und 40 Jahren, die in der Kirche fehlt. Die 140 erlaubten Zeichen erachtet er als optimal. «Wenn man eine theologische Frage oder Inhalt nicht in 140 Zeichen sagen kann, kann man es auch nicht in einem Buch von 200 Seiten. Wenn man es nicht auf den Punkt bringen kann, dann redet man drum herum.»
Abt Martin ist sehr aktiv und verschickt manchmal bis sechs «Tweet» pro Tag. Er hat in der Zwischenzeit schon fast 3600 «Followers», die seine Botschaften regelmässig verfolgen. Trotz allem ist der Geistliche kein Internet-Junkie: «Ich verbringe täglich etwa 4 Minuten in der Twitter-Welt.» Die meisten seiner Tweets schreibt er im Zug.
«Auf moderne Weise weitersagen, was Gott uns seit tausenden von Jahren hier schenkt» war sein erster Tweet. «Spannend, dass jetzt auch die Kirche modern wird» oder «Echt starkes Kirchen-Marketing» waren die Echos. Abt Martin bittet in seinen Tweets um Ideen für seine 1.-August-Ansprache, schreibt wo man ihn für Gespräch treffen kann und hat sich spezialisiert auf Bahngleichnisse. Beispiel: «Wenn’s ganz gehörig wackelt: Die Bahn lässt sich nicht so schnell aus dem Geleise bringen.»
Twitter hat das Leben von Martin Werlen verändert. Er sagt heute: «Wer gut kommunizieren will, muss auf die Adressaten hören. Dabei ist mir Twitter eine wertvolle Schule geworden. Ich kommuniziere den Alltag. Dazu gehört Positives und Negatives. Ich mache mich hinterfragbar und angreifbar.»
Die Twitter-Aktivitäten von Abt Martin sind sympathisch und bürgernah, was man ja nicht von allen kirchlichen Würdenträgern behaupten kann. Abt Martin hat es geschafft, mit einer ganz neuen Zuhörerschaft in Kontakt zu treten. Abt Martin hat es nicht nur geschafft weil er «dabei» ist. Denn damit alleine ist es im Twitter nicht getan. Man muss auch etwas zu sagen haben. Sonst geht man auch hier in der Masse unter. Schon einige Zeitungen haben über den zwitschernden Abt berichtet. Kürzlich konnte er sogar am nationalen PR-Symposium im Novartis Campus Basel auftreten.
Herzlich, Markus Baumgartner
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