Kirche provoziert Politiker

Event einer Kirche im Gefängnis sorgt für Aufregung

Seit zwei Jahren organisiert Nathanael Steinemann, Pastor der evangelischen Freikirche GvC Chile Hegi, mit einem Team «Events» im Gefängnis Winterthur. «Als Zeichen der christlichen Nächstenliebe», wie Steinemann gegenüber dem «Tages Anzeiger» sagt. «Wir wollen uns um diese Menschen am Rande der Gesellschaft kümmern.»
Am Sommerevent im September gabs zuerst einen Brunch im Gefängnishof. Dann bauten die Freiwilligen Bühne und Spiele auf. Die GvC-Band spielte Pop, Rock, Country und Gospel. Zwischendurch hielt er eine kurze Ansprache. «Wir wollen den Gefangenen zeigen, dass es noch andere Perspektiven im Leben gibt, und ihnen Mut machen, ihre Zukunft in neue Bahnen zu lenken.» Zu missionieren liege ihnen aber fern, schliesslich seien unter den Gefangenen viele Muslime. Steinemann: «Da sind wir sehr vorsichtig.» Völlig unproblematisch war da das Abendessen: Es gab Salatbuffet und Poulet vom Güggeliwagen.
Die Party hinter Gefängnismauern bereitete indes nicht nur Freude. Aus der Nachbarschaft wurden Klagen über Lärm und Güggeligeruch laut, die bis ans Ohr des SVP-Kantonsrats Claudio Zanetti drangen. In einem Artikel auf seiner rechtsbürgerlichen Internetplattform Politik.ch kritisiert er den «Jailhouse Rock» in Winterthur. Der Event sei ein weiteres Zeichen für die «Verhätschelungspolitik in den Gefängnissen unter dem SP-Justizdirektor Markus Notter». Der Strafvollzug sei kein Ferienlager, und da brauche es auch kein Fest im Gefängnishof, schreibt Zanetti.
Das Fest gehe nicht auf Kosten der Öffentlichkeit, sagt Rudolf G. Hablützel, der Stabschef Gefängnisse im Kanton Zürich. Für das Gefängnis seien bloss die üblichen Verpflegungskosten angefallen. Die zusätzlichen Auslagen wurden mit Geldern aus einer Kasse gedeckt, die von den Insassen selbst gespeist wird. Konzert, Spiele, Preise und die Bastblumendekoration wurden von der Freikirche organisiert und finanziert. Von Lärmklagen aus der Nachbarschaft weiss Hablützel nichts. Die meisten der rund 45 Gefangenen in Winterthur seien Untersuchungshäftlinge, die noch nicht rechtskräftig verurteilt seien.
Stabschef Hablützel ist der festen Überzeugung, «dass solche sporadisch durchgeführten Anlässe zu einer wesentlichen Entspannung des Gefängnisalltags beitragen und uns damit die Erfüllung unseres Auftrags nicht unwesentlich erleichtern».  Regierungsrat Notters Sprecher Rüegg findet, es sei doch eine «erfreuliche Sache, wenn sich Leute wie diese Mitglieder der Freikirche kostenlos für Gefängnisinsassen engagierten.»
Herzlich, Markus Baumgartner
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