Wellnessprogramm in der Kirche

Soul, Lachs und Prosecco zieht Menschen an

Die Statistik ist gnadenlos: Seit rund 20 Jahren steigt die Zahl der Austritte aus der evangelisch-reformierten Kirche in der Schweiz an. Waren es 1989 noch rund 900, kehrten 2003 knapp 2000 Personen der reformierten Kirche den Rücken. Die meisten führten «persönliche Gründe» oder «keine Verbindung» ins Feld. Mit den zunehmenden Kirchenaustritten predigen immer mehr Pfarrer vor leeren Reihen. Doch einige innovative Seelsorger trotzen dem Trend und füllen ihre Häuser mit unkonventionellen Methoden. Pfarrer Jürg Rother im zugerischen Ägerital gestaltet Gottesdienste für verschiedene Zielgruppen. Einmal fühlen sich Eltern mit ihren Kindern aufgehoben und ein andermal jene, die einen ruhigen Wortgottesdienst wünschen.
Nicht in der Kirche, sondern im Mehrzweckgebäude bietet Jürg Rother sein Programm «Soul on Sunday» an. Um 11 Uhr begrüsst er in Jeans, rosa Hemd und Wildlederjacke seine Schäfchen, während zusätzliche Stühle aufgestellt werden müssen. Mehr als 100 Besucher nehmen am Event teil. Die meisten sind unter 50 Jahre alt. Neben musikalischen Intermezzi von Gastmusikern erzählen die Verantwortlichen humorvoll, locker, aber trotzdem ehrlich und tiefgründig Episoden aus dem Alltagsleben, welche danach diskutiert werden. Nach einer knappen Stunde lädt Rother zu einem einminütigen Gebet ein. Dann ist Zeit für Lachsbrötli und Prosecco.
Jürg Rother liess sich von einem Willow-Creek-Kongress inspirieren und überlegte sich: Wen genau wollen wir in welcher Form ansprechen? Inzwischen ist «Soul on Sunday» jährlich fünfmal zum Selbstläufer geworden. Das Zielpublikum ist zwischen 30 und 40 Jahre alt, gebildet und an gesellschaftlichen Fragen interessiert. Das Interesse ist im katholischen Zugerland erstaunlich. Rother: «Wer durch die Woche bei den Leuten ist und sie ernst nimmt, kann am Sonntag aufnehmen, was sie beschäftigt. »
Rother überrascht in Ägeri immer wieder mit neuen Ideen. So gestaltet er zusammen mit Jugendlichen einen U-23-Gottesdienst. An Advent hat er zwei grosse Backöfen in der Kirche installiert und Guetsli gebacken, und zuweilen lädt der passionierte Ski- und Velofahrer zum Mountainbike-Gottesdienst am Berg von Ägeri ein. «Mir wird vorgeworfen, ich sei ein Eventpfarrer. Unsere Kirchgänger merken aber, dass wir mehr als nur Action bieten – seelische Wellness eben», ist der Pfarrer überzeugt. Und neue Formen würden eben auch ein neues Publikum anlocken.
Mit seinen unkonventionellen Ideen bringt es Jürg Rother regelmässig in die Lokalzeitung und auch schon eine Reportage des MigrosMagazin.
Herzlich, Markus Baumgartner
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