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Über Gott und die Welt sprechenWieso der Reformator die Gesellschaft bis heute prägtKaum eine Zeitung kommt aktuell darum herum, über das 500-Jahr-Jubiläum von Jean Calvin zu berichten. Die „Weltwoche“ bringt ihn auf dem Titelbild. Die „Neue Zürcher Zeitung“ widmet ihm eine Doppelseite. Selbst Bundesrätin Micheline Calmy-Rey schreibt in der „Weltwoche“ einen Aufsatz über ihn. Das Jubiläum von Jean Calvin ist eine ideale Vorlage, neu über die Dimension Gottes in unseres Gesellschaft zu sprechen. „Wir gehören nicht uns selbst, sondern Gott“: So lässt sich Calvins Wirtschafts- und Sozialethik prägnant zusammenfassen. Es ist die intellektuelle Brillanz, die Calvin heute noch lesens- und beachtenswert macht. Er ist der kirchliche Erneuerer mit der stärksten internationalen Ausstrahlung. Calvin verwandelte als französischer Flüchtling in Genf die damalige Provinzstadt in ein intellektuelles Zentrum Europas, dessen politische und kirchliche Institutionen zu Modellen für die demokratische Entwicklung moderner Gesellschaften werden sollten. Es ist aber auch sein ganz praktisches Wirken, das auf seine Predigten folgte: „Gottes Wort will uns nicht das Schwatzen, Wortgewandtheit oder Subtilitäten lehren. Gottes Wort will unser Leben reformieren“, sagte Calvin. Anstelle der Bettelei sollen Spitäler, Waisenhäuser mit Kinderunterricht und Armenhäuser errichtet werden, was in Genf auch geschah. In Treue und Gehorsam gegenüber der Botschaft des Evangeliums schuf Calvin in Genf das ‚Hôpital Général’ (öffentliches Spital für Kranken- und Sozialhilfe) zur Linderung der Not der Bedürftigen und zur Aufnahme von Obdachlosen. Er intervenierte gegen den Analphabetismus und führte eine kostenlose, allgemeine Schulausbildung ein, ein Schritt, dem die Schaffung des Collège (Gymnasium) und der Akademie (Vorstufe zur Universität) folgten. Das Erbarmen mit dem Armen soll zum Kennzeichen der Humanität des Reichen werden. Und für die Kirche gibt es nach diesem Verständnis ohne Diaconia keine Ecclesia. Calvin hält es für sinnvoll, Geld als Startkapital für Unternehmer zur Verfügung zu stellen und eine Wirtschaftsförderung durch Kredite zu ermöglichen. Auf diese Weise fördert er die Integration qualifizierter Kleinunternehmer und Kaufleute, die als mittellose Flüchtlinge nach Genf gekommen waren. Den Zins beschränkte Calvin bei fünf Prozent und stellte sich damit gegen den Wucher. Aber nur wer wirtschaftlich dazu imstande ist, muss Zinsen zahlen. Von Armen soll kein Zins genommen werden. Damit hat Calvin wesentlich zur wirtschaftlichen Dynamik dieser Region beigetragen. Die Entwicklung der Uhrenindustrie und das Bankgewerbe zeugen bis heute davon. Freunde und Bekannte hatte Calvin viele. Heute würde man ihn einen ausgezeichneten «Networker» nennen. In ganz Europa unterhielt er Briefkontakte, über 4500 Briefe sind bekannt. Wann konnte man so einfach über Gott und die Welt sprechen wie jetzt bei Calvins Jubiläum? Ich bin begeistert! Herzlich, Markus Baumgartner
P.S. Das DienstagsMail macht nun Sommerferien und meldet sich am 11. August 2009 wieder.
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